Mit der Frühjahrsakademie 2023 werfen wir einen Blick auf das Verhältnis zwischen Individuum (ICH) und Gesellschaft (WIR). Kollektive und gruppenspezifische Identifikationsmuster drohen, sich in einer individualisierten Gesellschaft zunehmend aufzulösen. Der Mensch ist heute mit riskanten Freiheiten (Beck) konfrontiert, die sowohl als Chance wie auch als Zumutung empfunden werden können. Zugleich erwächst mit Solidarität eine neue gesellschaftliche Ressource sozialer Bindung, quasi als Antwort auf eine zunehmende soziale Desintegration und Ungleichheit (Hondrich).
Vor diesem Hintergrund diskutiert der Politikwissenschaftler Fabian Rasem die Bedeutung des „gesellschaftlichen Zusammenhalts“ in pluralistischen Demokratien. Der Philosoph Stefan Gosepath begreift solidarisches Handeln als Gegenkonzept drohender sozialer Spaltung in Krisenzeiten. „Warum Steuern? Warum Staat?“ fragt der Steuerrechtler Heribert Anzinger in seinem Vortrag und beleuchtet damit das Ich und Wir im Spiegel sozial- und steuerrechtlicher Konfliktfelder. Der Mediziner Harald Gündel stellt in seinem Vortrag die positive Kraft zwischenmenschlicher Beziehung für Gesundheit und Lebensqualität heraus. Die Psychologin Claudia Sassenrath thematisiert hingegen Alltagssadismus und „dunkle“ Persönlichkeitseigenschaften.
Mit diesen ambivalenten Einblicken über Individualisierung und Solidarität wollen wir nicht nur ein größeres Verständnis für unsere moderne Gesellschaft eröffnen, sondern auch Handlungsoptionen für eine bessere Zukunft suchen.